Tragwerksentwurf des Polcevera-Viadukts

Autoren: Rafael Egli, Daniel Perrin
Sprache: Deutsch

Kurzfassung

Am 14. August 2018 stürzte der westlichste der drei Pylone des Polcevera-Viadukts in Genua mitsamt einem etwa 250 m langen Fahrbahnteilstück ein. 43 Menschen verloren dabei ihr Leben. Seither ist diese wichtige Ost-West-Achse im italienischen Strassennetz unterbrochen und Genua befindet sich im verkehrstechnischen Ausnahmezustand. Im Rahmen dieser Masterarbeit wird deshalb ein Ersatz-Neubau auf Stufe Vorprojekt entworfen, bemessen und dokumentiert. Neben den technischen Randbedingungen werden insbesondere der geschichtliche und kulturelle Hintergrund der Hafenstadt Genua, die innerstädtische Einbettung eines derart grossen Infrastrukturprojekts, sowie die wirtschaftliche Bedeutung dieser Verkehrsanbindung beachtet. Die engen Platzverhältnisse machen zudem ein durchdachtes Konzept für den Bauvorgang erforderlich. Infolge der weitreichenden negativen Konsequenzen, die das Fehlen eines derart wichtigen Verkehrsträgers verursachen, ist eine schnellst mögliche Errichtung der Ersatzbrücke prioritär.

Entwurf von Rafael Egli:

Die Verbundfachwerkbrücke weist eine Gesamtlänge von 1100 m auf und teilt sich in 16 Felder, mit zwei Hauptspannweiten à 120 m und 14 Randfelder mit Spannweiten zwischen 32 bis 64 m. Der Verbundquerschnitt des Brückenüberbaus setzt sich aus vorproduzierten Fahrbahnplattensegmenten aus Stahlbeton und einem darunterliegenden, bereichsweise höhenvariablen, räumlichen Fachwerk aus Stahl zusammen.

Der Bau der Brücke erfolgt mit zwei unterschiedlichen Baumethoden. Die Hauptspannweiten werden mithilfe eines Freivorbaus, von den zentralen drei Zwillingspfeilern aus, erstellt. In den Randspannweiten werden am Boden einzelne Fachwerksegmente zu einem Fachwerk mit einer Spannweite von 56 m zusammengesetzt, welches anschliessend, mittels hydraulischer Hebetechnik, als Ganzes auf Brückenniveau gehoben und mit den Segmenten über den Zwillingspfeilern verschweisst wird.

Mit der gewählten Brückenvariante, die bereichsweise über eine variable Überbauhöhe verfügt, konnte eine sowohl elegante, als auch nicht zu pompös wirkende Tragwerkslösung gefunden werden. Ziel war es, ein ästhetisch befriedigendes Tragwerk zu entwerfen, ohne dabei ein Bauwerk zu schaffen, welches sich allzu stark aufdrängt und das gesamte Tal in Anspruch nimmt.

Entwurf von Daniel Perrin:

Die geplante Brücke setzt sich aus einer Vorlandbrücke und einer Schrägkabelbrücke zusammen. Die Schrägkabelbrücke wird mit zwei Pylonen ausgeführt, welche eine Hauptspannweite des Trägers von 275 Metern über die in einer Ebene angeordneten Schrägkabel tragen. Im westlichen, industriell geprägten Talbereich wird das Tragwerk als Balkenbrücke mit regelmässigen Spannweiten von 67.5 Metern ausgeführt. Ein Verbundkastenquerschnitt verläuft über die gesamte Brückenlänge, bestehend aus einem Stahltrog mit auskragenden Stahlrohrstreben, welche die Konsolplatten aus Stahlbeton stützen. Für die Schrägkabel wird eine Lösung mit Parallellitzenkabeln angestrebt, welche jeweils durch ein Hüllrohr, eine Litzenummantelung und Verzinkung vor Korrosion geschützt werden. Der Brückenträger wird schwimmend gelagert, wobei die Stützen und Pylonen über ein Stahlbetonbauteil monolithisch angeschlossen werden. Die Brücke wird mit Bohrpfahlfundamenten auf dem maximal 40 Meter unter der Oberfläche verlaufenden Felshorizont gegründet. Der Bauablauf gliedert sich in die Vorbereitungsarbeiten, Fundamenten- und Stützenerstellung, den Freivorbau der Schrägkabelbrücke und die Erstellung der Vorlandbrücke mittels Hilfsstützen. Der Brückenträger wird in Elementen von 13.5 bis 22 Metern vormontiert und mit einem Raupenkran platziert. Die Fahrbahn wird im Anschluss betoniert. Die Brücke lässt Freiraum im Bereich des Brachegebiets, wo zukünftige Entwicklungen (Wohngebiet, Parkanlage, Parkplätze) zu erwarten sind.
 

perrin
Visualisation der geplanten Brücke von Daniel Perrin.
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